EU-Krise
treibt Investoren in den Schweizer Franken Der Brexit verändert die Welt. Die
Zukunft Großbritanniens und des englischen Pfund sind schwer kalkulierbar. Der
Euro instabiler denn je. Die möglichen Auswirkungen auf den
Investitionsstandort Schweiz kann man bislang nur umreißen.
Stefan
Gerlach, der neue Chefökonom der Tessiner Privatbank Banca della Svizzera Italiana
(BSI) meldete sich sehr schnell zu Wort: Das Ergebnis des Brexit werde die
Schweizerische Nationalbank SNB unter erheblichen Druck setzen. Der Franken
stehe unter einem deutlichen Aufwertungsdruck. Mit dieser Meinung blieb er
nicht alleine. Die SNB ihrerseits intervenierte sofort und verhinderte eine zu
starke Aufwertung des Schweizer Franken. Der Euro in der Krise? Derzeit besteht
nahezu Währungskongruenz zwischen dem Schweizer Franken und dem Euro.
Fakt ist,
dass die Schweizerischen Großbanken in den kommenden Monaten Kapitalzuflüsse in
Milliardenhöhe erwarten. Verstärkt nicht aus dem Euro, sondern dem englischen
Pfund. Der Kursabsturz des Pfund auf den niedrigsten Stand seit 30 Jahren
spricht Bände. Die Verunsicherung ist groß. Credit-Suisse-CIO Michael Strobaek
rechnet mit „zusätzlichen Kapitalströmen in die Schweiz“. Anleger und
Pensionskassen müssten noch niedrigere Renditen hinnehmen. Schweizer Immobilien
dürften profitieren. Während Bankaktien auch in der Schweiz leiden, wertet er
defensive Aktien wie die der Basiskonsumgüterindustrie und der Pharmabranche
eher als stabil ein. Viele vergessen dabei, dass die Schweiz auch Exportland
ist. Und Ausfuhren in den Euroraum werden umso teurer, je schwächer deren
Währung ist. Bislang konnte die Schweiz den „Nachteil“ der harten Währung gut
verkraften, setzte auf eine starke Modernisierung der eigenen Wirtschaft und
konnte im ersten Quartal 2016 wieder mit positiven wirtschaftlichen Kennzahlen
überraschen. Aber nicht nur politisch ist man daran interessiert, dass der
Euroraum weiterhin stark bleibt.
Und der
Binnenmarkt? Die Schweizer Wirtschaft wächst vorrangig durch Konsum und neue
Investitionen. Die wichtigsten Treiber der Konjunktur sind Wohnen und
Gesundheit. Obgleich auf einem hohen Niveau, stiegen die Preise für Immobilien
in der Schweiz seit Anfang des Jahres erneut. Laut dem Immobilienindex, der
regelmäßig vom Onlineportal Immoscout24 und dem Züricher Beratungsunternehmen
Iazi ermittelt wird, legten die Wertangaben gegenüber Januar 2015 für Einfamilienhäuser
um 1,6 Prozent und jene für Eigentumswohnungen um 0,4 Prozent zu. Gerade
Mehrgeschossneubauten in gefragten Regionen sind es, die dabei im Fokus
institutioneller Investoren stehen. Der Brexit trägt mit hierzu bei. Denn der
Anteil professioneller Investoren, die im Erwerb von Mehrfamilienhäusern eine
Alternative sehen, wächst.
Autor
Michael Bauer ist Geschäftsführer der Gallus Immobilien Konzepte.
Quelle: Finanzwelt-2016-06-27